Guten Tag
Die eidgenössischen Räte haben am 27. Februar 2023 die Frühjahrssession begonnen. In der aktuellen Sessionswoche wird der Nationalrat das Geschäft 21.047 "Sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien" (Mantelerlass) beraten. Die vorberatende Kommission UREK des Nationalrats (UREK-N) hat die Vorlage in wesentlichen Punkten abgeändert. Nach der Beratung im Nationalrat folgt die Differenzbereinigung im Ständerat. Daher sind alle nachfolgend genannten Beschlüsse nicht definitiv.
Der DSV hat eine erste Beurteilung der Entscheide der UREK-N vorgenommen und kommt, bei den aus Sicht der Verteilnetzbetreiber wichtigsten Punkte, zu den folgenden Ergebnissen:
|
|
Fünf Beschlüsse fallen durch den Check
Folgende fünf Beschlüsse der UREK-N fallen beim Verteilnetzbetreiber-Check durch
Effizienzziele für den Elektrizitätsverbrauch (Art. 46b-f EnG)
Elektrizitätslieferanten, also die Verteilnetzbetreiber, müssen Massnahmen bei ihren Endkundinnen und Endkunden zur Effizienzsteigerung im Winterhalbjahr nachweisen, um Zielvorgaben zur stetigen Steigerung der Effizienz zu erfüllen. Gelingt dies den Lieferanten nicht, so müssen sie eine Sanktion in Höhe von 5 Rp. pro kWh entrichten, um welche die Zielvorgabe verfehlt wurde. Diese Strafzahlung darf den Endkunden nicht verrechnet werden (keine verrechenbaren Kosten). Diese Bestimmung erweist sich als Bürokratiemonster und lässt viele Fragen zur Umsetzung offen, bspw. den Umgang mit wechselnden Kunden. Sie missachtet das Verursacherprinzip und bestraft jene, die bisher bereits in Effizienzmassnahmen investiert haben (bspw. Umstellung auf LED bei der öffentlichen Strassenbeleuchtung). Das Ansinnen läuft auch den angestrebten Zielen der Klimapolitik entgegen. Denn der Elektrizitätsverbrauch wird in Zukunft steigen. Werden also künftig Verteilnetzbetreiber bestraft, wenn ihre Kundinnen und Kunden von fossilen Heizungen auf Wärmepumpen umsteigen?
|
|
|
Unbundling (Art. 10 StromVG)
Elektrizitätsversorgungsunternehmen, die neben dem Netzbetrieb noch in anderen Bereichen tätig sind, müssen diese übrigen Tätigkeitsbereiche institutionell, rechtlich und administrativ vollständig vom Netzbetriebsbereich trennen. Dies hat die UREK-N einstimmig beschlossen. Die Bestimmung geht viel weiter als das Unbundling gemäss europäischer Vorschriften, die nur EVU mit über 100'000 Endkunden betreffen. Buchstabengetreu ausgelegt bedeutet diese Bestimmung nicht nur, dass Energievertrieb und Netzbetrieb getrennt, sondern weitere Bereiche wie Wasser- und Wärmeversorgung abgetrennt werden müssten. Damit wären sehr viele der über 600 Verteilnetzbetreiber von dieser Bestimmung betroffen.
|
|
|
Befreiung Speicher (Art. 14 StromVG)
Neu soll der Netzbetreiber das Netznutzungsentgelt den Betreibern von Speichern mit Endverbrauch auf deren Antrag zurückerstatten. Die Befreiung von Speichern mit Endverbrauch vom Netznutzungsentgelt ist nicht sachgerecht und führt zu einer weiteren Entsolidarisierung bei der Tragung der Netzkosten. Insbesondere grosse Speicher oder auch Power-to-x-Anlagen verursachen Netzkosten, die der Verteilnetzbetreiber bzw. dessen Kundinnen und Kunden zu tragen hätten.
|
|
|
Netzverstärkungskosten (Art. 15 StromVG)
Heute werden Kosten für die Verstärkung der Anschlussleitung durch die Produzenten getragen. Der Verteilnetzbetreiber trägt die Kosten für Netzverstärkungen hinter der Anschlussleitung. In der Verordnung zum StromVG hat der Bundesrat bestimmt, dass solche Netzverstärkungskosten als Teil der Systemdienstleistungen von Swissgrid getragen werden – und damit schweizweit sozialisiert werden. Die UREK-N schlägt nun vor, dass die Kosten für Anschlussleitungen von Einspeisung aus Produktionsanlangen von erneuerbaren Energien als anrechenbare Kosten gelten sollen. Kosten für die Netzverstärkung hinter der Anschlussleitung soll erst ab 5 MW durch die Swissgrid getragen werden. Das führt gerade in ländlichen Gebieten zu spürbaren Mehrkosten für den Verteilnetzbetreiber und damit der lokal betroffenen Endkundinnen und Endkunden. Sofern vom bewährten Grundsatz der Kostentragung abgewichen werden soll, dann wäre eine Regelung gemäss Verordnung, welche solche Kosten schweizweit sozialisiert, sicher sinnvoller.
|
|
|
Liberalisierung Messwesen (Art. 17a ff. StromVG)
Entgegen des Ständerats hat die UREK-N mit einer knappen Mehrheit die Liberalisierung des Messwesens beschlossen, obwohl eine Studie des Bundesamts für Energie aufzeigt, dass diese keinen Mehrwert bringt. Der DSV wird sich weiterhin dafür einsetzen, dass die Liberalisierung aus folgenden Gründen nicht kommt:
-
Das Messwesen ist Grundlage für den sicheren Netzbetrieb und die strategische Netzplanung. Die Verantwortlichkeit ist heute klar geregelt und liegt beim Verteilnetzbetreiber. Mit der Liberalisierung ist das Zuständigkeitschaos vorprogrammiert.
-
Eine Liberalisierung im Messwesen führt deshalb entgegen anderer Liberalisierungen nicht zu weniger, sondern zu deutlich mehr Regulierung. Denn mit einer Liberalisierung werden neue Schnittstellen geschaffen und die Verantwortlichkeiten auseinandergerissen.
-
Mit der Liberalisierung des Messwesens gehen Synergien verloren, die für den Umbau des Energiesystems wichtig sind. Da die Verteilnetzbetreiber heute nämlich die Verantwortlichkeit für Strom-, Gas- und Wärmenetze verantworten, dient das Messwesen aus einer Hand als Grundlage für die Sektorkopplung.
-
Für die Gewährleistung des Datenzugangs muss das Messwesen nicht liberalisiert werden. Der Datenbedarf einzelner Kunden kann mit dem Smart Meter Roll-out sichergestellt werden.
-
|
|
|
|
|
|
Drei Beschlüsse bestehen dem Check
Folgende drei Beschlüsse der UREK-N halten der Prüfung stand
Einführung Leistungstarif (Art. 14 StromVG)
Zur Dimensionierung der Leitungen und Transformatoren ist die zeitgleiche Spitzenlast massgebend. Die Netztarifierung darf deshalb nicht mit energiepolitischen Zielen vermischt werden. Mit der Änderung von Art. 14 Abs. 3 lit. e schafft die UREK-N die Grundlage zur Einführung eines Leistungstarifs in Art. 18 StromVV. Neu müssen die Netznutzungsentgelte einer effizienten Netzinfrastruktur Rechnung tragen und Anreize für einen stabilen und sicheren Netzbetrieb setzen. Damit müssen sie eine «effiziente Elektrizitätsverwendung» nicht mehr berücksichtigen. Entsprechend könnte in der Verordnung die Arbeitskomponente gestrichen werden, womit auch die Netzkosten solidarisch getragen würden.
|
|
|
Nutzung von Flexibilität (Art. 17bbis StromVG)
Für die Nutzung von Flexibilität braucht es heute eine explizite Zustimmung durch jeden einzelnen Flexibilitätsinhaber. Die Mehrheit der Kommission schlägt nun vor, dass diese Flexibilität durch den Verteilnetzbetreiber so lange genutzt werden kann bis der Flexibilitätsinhaber diese Nutzung ausdrücklich untersagt. Diese Bestimmung würde die Bürokratie deutlich senken.
|
|
|
Lokale Elektrizitätsgemeinschaften (Art. 17bbis a und 17bbis b StromVG)
Die LEG wurde im Vergleich zum Modell des Ständerats für die Verteilnetzbetreiber verträglicher ausgestaltet. So hat der Verteilnetzbetreiber für die Inanspruchnahme des Verteilnetzes einen speziellen Netznutzungstarif zu gestalten, der einer effizienten Elektrizitätsanwendung nicht zwingend Rechnung tragen muss. Für den Bezug aus der selbst erzeugten Elektrizität müssen mindestens 50% der üblichen Netzkosten angelastet werden. Zudem wurde die Marktöffnung für private LEG aus dem Gesetz gestrichen und die Kunden- und Rechnungsbeziehung verbleibt beim Verteilnetzbetreiber.
|
|
|
|
|
|
Reaktion des VSE
So reagierte der VSE auf die Beschlüsse der UREK-N
Liberalisierung des Messwesens: kontraproduktiv und unverständlich
Die UREK-N spricht sich überraschend für die Liberalisierung des Messwesens aus. Der VSE lehnt diese entschieden ab. Die Liberalisierung ist für das Gesamtsystem kostentreibend, völlig unverhältnismässig und schafft paradoxerweise auch Unsicherheiten für den Rollout von Smart Metern. Auch weitere Entscheide der UREK-N sind aus Sicht des VSE problematisch.
Die detaillierte Meinung des VSE kann über dem untenstehenden Button aufgerufen und gelesen werden.
|
|
|
|
|
|
|
Einen schönen Tag wünscht die Geschäftsstelle und mit besten Grüssen
Christian Bosshard, Leiter Geschäftsstelle
BEV Bernischer Elektrizitätsverband | Moserstrasse 17 | 3014 Bern
T: 031 335 70 27 | E: gst@bev.ch | H: www.bev.ch
|
|
|
|